Pflegestelle sein – oder: was es heißt Hunden ein „Sprungbrett“ zu bieten

„Das könnte ich nicht, ich würde alle Hunde behalten wollen“

Diesen Satz hören wir immer wenn das Gespräch darauf kommt das wir Pflegestelle für Tierschutzhunde sind. Ja, auch wir würden viele (nicht alle) Hunde gerne behalten und ja, uns fällt es oft schwer die Fellpfoten wieder herzugeben. Warum wir es trotzdem machen wollen wir erzählen.

Samstags Abends, der Vereinswagen fährt in unsere Einfahrt und Andreas und ich stehen schon in den Startlöchern. Nach einer knappen Begrüßung, die Neugier ist groß, wird der Hund aus der Transportbox geholt und erst mal direkt in unseren Freilauf gebracht. Hier zeigen sich dann die vielen unterschiedlichen Charakter. Der eine stürmt direkt los und erkundet das Gelände, der nächste bleibt wie eingefroren sitzen. Manche suchen erst mal eine Möglichkeit sich zu verkriechen oder das Weite zu suchen. Wenige suchen sofort den Menschenkontakt und wollen einfach nur schmusen.

Wenn sich die erste Aufregung gelegt hat beginnt die Zusammenführung mit unseren eigenen drei Hunden. Je nach Charakter dauert es seine Zeit oder geht ganz fix. Danach geht es dann in das Haus. Für die Meisten ist das was vollkommen neues. Hier sorgen wir dann dafür das erst mal für den Neuankömmling die Möglichkeit besteht alles zu erkunden. Ein Handtuch liegt bereit denn meistens trauen sie sich im Auslauf nicht ihr Geschäft zu verrichten und lösen sich dann erst mal in der Wohnung. Nach der ganzen Aufregung geht es dann zur Nachtruhe.

Im Laufe der nachfolgenden Woche ist es sehr spannend zu beobachten, wie der Hund sich eingewöhnt, stubenrein wird, den Tagesablauf sehr schnell lernt und auch seine Persönlichkeit immer mehr zum Vorschein kommt. Vertrauen baut sich auf, es wird getobt und gespielt und meistens auch sehr viel geschlafen. Es ist immer wieder faszinierend wie schnell sich sowohl Welpen aber auch ältere Hunde eingewöhnen und anpassen. Natürlich wird nun auch der erste Blödsinn gemacht. Es wird versucht Decken anzuknabbern, Kissen tot zu schütteln und alles von den Tischen zu klauen. Mit der Zeit weiß man aber was die Pappenheimer so aushecken und hat ein Auge darauf. Kein Fernsehprogramm kann so spannend sein wie das beobachten der Fellpfoten.

Mittlerweile hat man sich einen ersten Eindruck verschafft was für Eigenheiten und manchmal auch Baustellen der Hund hat. Das ist auch wichtig denn meistens finden auch sehr schnell die ersten Gespräche mit Interessenten statt. Diese führen Andreas und ich immer zusammen um uns dann danach austauschen zu können. Denn die Entscheidung wer den Hund letztlich bekommt machen wir uns nicht leicht, denn wir möchten natürlich das der Hund glücklich wird. Aber auch die zukünftigen Besitzer sollen viel Freude mit ihrem neuen Weggefährten haben. Ein schüchterner, zurückgezogener Hund passt nicht in eine Familie mit kleinen Kindern. Die Fellpfote die meint ihr gehört die ganze Welt, braucht eine konsequente Hand. Jetzt kommt das was uns am aller schwersten fällt, wenn es mehrere passende Interessenten gibt. Wer bekommt den Hund, und wer bekommt eine Absage.

Dann ist die Entscheidung gefallen und ich übernehme die schöne Aufgabe dem neuen Dosenöffner Bescheid zu geben das der Hund einziehen darf. Dabei habe ich schon alles erlebt, von lautem Gekreische über ein leise gehauchtes Danke. Jedes mal freue ich mich mit.

Die Absagen müssen wir zum Glück nicht machen, denn dann hätten wir die Pflegestelle schon längst wieder abgegeben.

Nun geht es meistens sehr schnell. Ein Termin für die Vorkontrolle wird vereinbart und der Hund kommt dann schon direkt mit. Bisher konnten wir immer anschließend  die Übergabe machen da es nichts zu Beanstanden gab. Das ist immer ein besonders schöner Tag wenn man die glücklichen Augen der neuen Besitzer sieht. Wir verabschieden uns dann meistens recht schnell mit einem weinende und einem lachenden Auge. Wieder einen Hund gerettet und Menschen glücklich gemacht. Im Auto dann schon die Überlegung „Wie wird wohl der nächste sein?“

In den nächsten Tagen trudeln dann immer mal wieder kleine Grüße und Fotos von unserem ehemaligen Pflegi ein. Darüber freuen wir uns immer sehr, und das Herz geht einem auf wenn man sieht wie glücklich alle sind. Oft ist bei uns dann schon der nächste Hund eingezogen der mit eben soviel Liebe empfangen wird.

(Text: Andreas und Corinna Herrmann, Pflegestelle bei Friends for Life Germany seit 2017)